Wie sieht die Umsetzung von Nachhaltigkeit und Risikomanagement in der Realität aus? Lassen sich die Trends zu Benchmarking, Gewinnmaximierung und Zentralisierung damit vereinbaren? Hier ein Blick in die Vergabepraxis von Ausschreibungen resp. daraus resultierende Umsetzung von Anforderungen am Beispiel Facility-Management: Wer kennt es nicht: Ärger über Staub und Dreck in der Turnhalle, Spinnweben in schlecht oder ungeputzten Sanitärräumen öffentlicher Gebäude, Lehrkörper, die nach Unterrichtsschluss noch den Besen schwingen. Häufiger Grund: Firmen gewinnen mit Angeboten, die umgerechnet keine 3 min pro Raum kalkulieren, aber vorgeben, hygienische Sauberkeit zu gewährleisten. Theorie und Praxis sind unvereinbar. Stundenzettel, Reinigungslisten oder andere „Dokumentation“ helfen leider wenig. Aber das Controlling freut es. Offenbar werden die Umsetzbarkeit eines Angebots oft nicht hinterfragt. Die Idee öffentlicher Ausschreibungen ist nicht schlecht. Wenn jedoch in der Vergabepraxis allein das niedrigste Angebot gewinnt, läuft etwas gewaltig schief.

Gefährlicher Spar-Trend

Leider ist auch in der Trinkwasserversorgung mancherorts ein ähnlich gefährlicher Spar-Trend zu bemerken. Die formulierten Anforderungen in öffentlichen Ausschreibungen zur Instandhaltung der Versorgungsinfrastruktur dienen nicht immer dem Ziel Versorgungssicherheit. Wird Gewinnmaximierung leichtfertig über Trinkwasserhygiene, Verbraucherschutz und Risikominimierung gestellt? Gewinnen Einkauf oder Controlling die Macht über qualifizierte Fachentscheidungen, für die es zu Recht bei jedem Versorger ausgewiesene Fachleute gibt?

Trinkwasserversorger in Deutschland sind u. a. auf Basis von TrinkwV und IfSG verpflichtet, nur unbedenkliches Trinkwasser an Verbraucher abzugeben. Alle Konsumenten haben ein Anrecht auf garantierte Hygiene, Genusstauglichkeit und Reinheit des Trinkwassers. Da können und dürfen gewinn- oder tantiememaximierende Aspekte keinen Platz finden. Wasserhygiene ist existentiell.

Die Qualitätskriterien umfassen neben Einhaltung bestimmter mikrobiologischer, chemischer und radiologischer Werte explizit die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik – bei Planung, Bau und Betrieb. Wesentlicher Aspekt von Betrieb und Betriebssicherheit ist Wartung, wozu Inspektion, Instandhaltung und Instandsetzung gehören. Regelkonforme Umsetzung dient der Trinkwasserhygiene. Und der Wirtschaftlichkeit. Denn regelmäßige fachmännische Wartung verlängert die Lebensdauer technischer Einrichtungen.

Steigender Trinkwasserbedarf

Trotz Reduktion des Wasserverbrauchs pro Kopf in Deutschland (147 l/Person/Tag in 1990 vs. 121 l/Person/Tag in 2023) ist der absolute Verbrauch um rund 470 Mrd. l pro Jahr gestiegen. Denn gleichzeitig wuchs die Einwohnerzahl von 79,75 Mio. (1990) auf 84,7 Mio. Menschen in 2023 (Daten: Statista). Der Trinkwasserbedarf in Versorgungsgebieten steigt durch Zuzug, Siedlungswachstum, Gewerbe- und Industrieansiedlung. Gleichzeitig sinken die Grundwasserstände. Vielerorts verringert sich die Grundwasserneubildung und sinkt die Rohwasserqualität im Zuge des Klimawandels. Die Gründe: Bodenversiegelung, Extremereignisse, Meeresspiegelanstieg (Versalzung), Nutzungskonkurrenz. Das Risiko nicht ausreichend verfügbarer Wassermengen zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgabe besteht für manchen Wasserversorger bereits heute. Knappheit und ungleiche Verteilung von sauberem Wasser aber kann bekanntlich Spannungen verstärken – zwischen Regionen, Akteuren, Interessens- und Bevölkerungsgruppen.

Chemische Reinigung als Teil der Anlageninstandhaltung

Die Instandhaltung aller Anlagen und Infrastruktur der Wasserversorgung leistet einen wichtigen Beitrag, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Chemische Reinigung als Teil der Instandhaltung ist nach DVGW W291 v. a. bei hartnäckigen, festen anorganischen Ablagerungen und zur Entfernung von organischen Ablagerungen (Biofilm) einzusetzen. Vermeintlich kostengünstige „Reinigung durch intensive Spülmaßnahmen allein mit Trinkwasser“ verursacht unnötigen Wasserverbrauch bei ausbleibender Hygienewirkung: lediglich lose Verschmutzungen lassen sich so fortspülen. Zur hygienischen Beseitigung festsitzender Ablagerungen und Biofilme bedarf es qualifizierter Hilfsmittel und Sachverstand. Unter Beachtung von Minimierungsgebot entsprechend TrinkwV (§§ 6, 7, 20) und GefStoffV (§7) sowie Substitutionsgebot lässt sich dabei der Wasserbedarf für die Instandhaltung minimieren und Verbraucherschutz mit Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit vereinbaren. Geeignete qualitativ hochwertige und nach DVGW W319 geprüfte Reinigungsprodukte vom Fachunternehmen besitzen eine nachgewiesene Wirkung und enthalten keine kritischen Gefahrstoffe.

DVGW W319 macht Vorgaben bzgl. der Eignung bei Anlagenreinigungen (Trinkwasserbehälter). Dies ermöglicht eine Unterscheidung zwischen qualitativ hochwertigen Produkten und unsicheren, aggressiven oder ungeprüften Mitteln, und dadurch bzgl. Gesundheits- und Umweltgefährdung. Umweltverträglich sind z. B. pH-neutrale Qualitätsreinigungsprodukte mit nachgewiesener (zertifizierter) Wirkung. Anders als saure oder basische Substanzen sind diese nicht korrosionsfördernd, aber gut wasserlöslich. Somit lassen sie sich gut von den Oberflächen abspülen. Weshalb DVGW W319 Ende 2022 zurückgezogen wurde, ist aus Autorensicht nicht nachvollziehbar. Für Umwelt- und Gesundheitsschutz, sowie Qualitätssicherung und Aufwand beim Anwender ist es ein Rückschritt. Den Verantwortlichen darf Kurzsichtigkeit attestiert werden.

Trotz sinnvoller Minimierungsbestrebungen müssen aber auch Qualitätsprodukte so hoch konzentriert sein, dass sie ihrem Einsatzziel entsprechend wirken können. Zu gering konzentrierte Wirkstoffe sind nicht in der Lage, Kontaminationen effektiv zu begegnen. Im Falle einer Desinfektion können subletale Konzentrationen dazu führen, dass verbleibende Mikroorganismen ungewollt überleben. Die Folge: Wiederaufwuchs nach Abschluss der Maßnahme, und bei wiederholter Falsch- Anwendung schlechtere Wirksamkeit wegen Resistenzbildung. Dass hierdurch auch entgegen TrinkwV agiert wird, ist offensichtlich und ggf. gem. §74 IfSG strafbar.

Neben Art und Konzentration des Mittels wird der Erfolg einer Reinigung von den Faktoren Einwirkzeit, Temperatur und Mechanik mitbestimmt (Sinnerscher Kreis). Die optimale Ausgewogenheit aller Faktoren ist wichtig, um sowohl den „unsichtbaren“ Reinigungserfolg einer Maßnahme (durch Beprobung zu beweisen) als auch Wirtschaftlichkeit zu garantieren. Gesamt-ökonomisch betrachtet sind günstige Plagiate, durchaus auch aktuell im Markt angeboten, die teurere Alternative. Denn Positivbefunde bei Wiederinbetriebnahme verzögern diese und erhöhen den Aufwand und damit die Kosten. Dafür nichts oder recht wenig (aber dafür ggf. mehrfach) zu bezahlen liegt im jeweiligen Ermessen des Entscheiders. Mit Qualitätsprodukten lässt sich das vermeiden.

Das optimale Handling im Umgang mit Reinigungsprodukten bedeutet ebenfalls Umweltschutz, sowie Gesundheitsschutz für Verbraucher und ausführende Arbeitnehmer. Fachgerechte Aufbringung des Reinigers mit Niederdrucksprühgeräten anstatt Hochdruck bspw. minimiert Vernebelung und damit Gesundheitsgefahren durch Einatmen oder Hautkontakt. Mitarbeiter-Schulungen sind essenziell. Besonders eine Vor-Ort-Unterweisung zugeschnitten auf den jeweiligen Versorger und die von ihm eingesetzten Produkte – optimal abgestimmt auf Anlage und Art der Verunreinigung – sind zielführend. Klärung individueller Fragen und Berücksichtigung von Besonderheiten der Anlagen vor Ort sind dabei ein Muss.

Bei externer Vergabe der Reinigungen als Dienstleistung sollte ein qualifiziertes und zertifiziertes Fachunternehmen beauftragt werden, das mit Qualitätsmanagement- Systemen gesichert agiert und intern seine Mitarbeiter schult. Denn auch die Mitarbeiter-Gesundheit liegt verantwortungsvollen Fachfirmen am Herzen. Gerade diese Qualitätskosten sind bei Vergabe zu berücksichtigen, denn letztendlich sind sie risikominierend.

Trinkwasserbehälter

Blick in einen Trinkwasserbehälter vor und nach der Reinigung durch ein Fachunternehmen.

Blick in einen Trinkwasserbehälter vor und
nach der Reinigung durch ein Fachunternehmen.

Fazit

Wasser ist für die Gesundheit und den Wohlstand der Menschen, die Erhaltung der Ökosysteme und die Bewältigung des Klimawandels essentiell. Versorgungssicherheit mit sauberem, bezahlbarem Trinkwasser zu gewährleisten, ist bedeutender Teil der Daseinsvorsorge. Im Zuge des Risikomanagements ist fachgerechte Instandhaltung der technischen Infrastruktur daher hygienisch geboten, aber auch wirtschaftlich notwendig. Denn Instandhaltung ist langfristig günstiger als jeder Störfall, Sanierung oder Neubau. Zertifizierte Fachunternehmen mit geprüften Produkten unterstützen die Wirtschaftlichkeit der Versorger durch umweltschutz-konforme Hygienemaßnahmen auf Basis rechtlicher Vorgaben und technischem Regelwerk. Schulungen und QM-Systeme sorgen für die Sicherheit der Mitarbeiter bei Anwendung/Dienstleistung und tragen zur Risikominimierung bei.

Autor:

Bernd Krumrey, CEO, CARELA GmbH

Veröffentlicht im WasserMEISTER Katalog Ausgabe 03/2024.
https://wassermeister.net/